Harte Kritik am deutschen Einbürgerungstest: Eine Kommission von UN-Experten hat die im Juli veröffentlichten Testfragen geprüft und kommt zu dem Ergebnis: Die Fragebögen seien teils diskriminierend formuliert. Besonders der Fragenkatalog von Baden-Württemberg missfällt den Experten.
Mehr als 20 Kritikpunkte führt das Komitee zur Beseitigung von Rassismus (CERD) in seinem Länderbericht für Deutschland auf. Demnach werden Einbürgerungswillige durch die Fragestellung in einigen Bundesländern diskriminiert.
Die UN-Experten bemängelten insbesondere den Fragenkatalog, den das Land Baden-Württemberg Einbürgerungswilligen aus einem der 57 Mitgliedsstaaten der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) vorlege. Darin seien diskriminierende Formulierungen enthalten, hieß es ohne Angaben von Einzelheiten. Die Bundesregierung solle darauf hinwirken, dass die Fragebögen für alle Bewerber ohne solche Inhalte gestaltet sind, forderten die UN-Experten.Der Test soll ab dem 1. September in Deutschland Voraussetzung für die Einbürgerung sein. Auch in Deutschland ist er nicht unumstritten. Immer wieder stellten sich Testfragen als nicht korrekt heraus. Zuletzt forderte der SPD-Innenexperte Sebastian Edathy Innenminister Wolfgang Schäuble zu einer Überarbeitung der Fragen auf. Er listete 72 der 300 möglichen Frage-Antwort Kombinationen auf, die seiner Meinung nach fehlerhaft waren. Zum einen seien als richtig vorgesehene Antworten tatsächlich falsch, kritisierte Edathy. Zum anderen seien Fragen und mögliche Antworten vielfach irreführend formuliert. Das Innenministerium wies die Forderungen unter anderem mit Hinweis auf den knappen Zeitrahmen zurück.
In dem Länderbericht der UN wurden außerdem anhaltende gewaltsame Übergriffe auf Muslime und Juden sowie auf Sinti und Roma verurteilt. Auch Menschen mit dunkler Hautfarbe würden häufig angegriffen. Es fehle an Statistiken, die die genaue ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung darstellten und gewaltsame Übergriffe entsprechend aufschlüsselten. Zudem erlaubten deutsche Gesetze Vermietern, bei der Vergabe von Wohnungen eine diskriminierende Auswahl zu treffen.
Gelobt wurden einige jüngere Regelungen der Bundesregierung wie das seit 2006 geltende Gleichstellungsgesetz, mit dem die Antidiskriminierungs-Richtlinien der Europäischen Union (EU) in deutsches Recht überführt wurden. Auch der von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) angeregte Aktionsplan gegen Rassismus wurde grundsätzlich begrüßt. Dessen „inhaltliche Gestaltung mag sich im Lauf der Zeit noch entwickeln“, heißt es im Bericht.
Als „eine Schande für die Bundesregierung“ bezeichnete die migrationspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag, Sevim Dagdelen, den UN-Bericht. Das Papier zeige, „dass die Bundesregierung nach wie vor weder über eine Gesamtstrategie gegen Rassismus, noch gegen die steigende Zahl rassistischer und rechtsextremer Straf- und Gewalttaten verfügt“, sagte Dagdelen am Montag in Berlin.
Als einer von 173 Mitgliedsstaaten der Internationalen Konvention zur Abschaffung von Rassismus ist Deutschland verpflichtet, regelmäßige Berichte über Maßnahmen gegen Rassismus vorzulegen. Eine deutsche Delegation, darunter Vertreter aus den Ministerien für Justiz, Inneres und Familien, hatte in der vergangenen Woche in Genf während zweitägiger Beratungen Fragen der UN-Experten beantwortet.