Der Skandal um den illegalen Handel mit Bankdaten weitet sich aus: Der Informant, der die zweifelhaften Methoden der Telefonwerber aufgedeckt hatte, behauptet, er habe die Adressen von weiteren 1,5 Millionen Kunden. Nun kommen immer mehr pikante Details heraus, wie sensible Informationen verschachert werden.
Der Skandal um den illegalen Handel mit Bankdaten nimmt immer größere Ausmaße an. Offenbar besitzt der Mann, der der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein eine CD mit 17.000 Kundeninformationen samt Bankverbindungen zugeschickt hat, weitaus mehr Daten als bislang angenommen. "Das war nur ein erster Datensatz“, sagte er in einem Interview. "Tatsächlich habe ich die Adressen und Bankdaten von 1,5 Millionen Kunden gesichert.“
Auch der Name des 36-jährigen Informanten soll jetzt bekannt sein. Er heißt nach Informationen des „Spiegels“ Detlef Tiegel und arbeitete bislang im Lübecker Callcenter der Telefonfirma Hanseservice. Dort hatte er – vermittelt über eine Zeitarbeitsfirma – vor drei Wochen angefangen. Nach Informationen der "Bild“-Zeitung war der Mann insgesamt zwölf Jahre im Geschäft mit Telefonwerbung tätig. Den digitalisierten Satz mit den 17.000 Daten, den er kürzlich der Verbraucherzentrale zugespielt hatte, soll er angeblich dreimal verkauft haben. Die Daten stammen nach früheren Berichten von Kunden der Süddeutschen Klassenlotterie.Was Tiegel jetzt erzählt, ist für viele Deutsche ein Albtraum. Angeblich hatte der Geschäftsführer der Firma Hanseservice dem Personal die sensiblen Kundendaten ausgehändigt. Die Mitarbeiter sollten die Betroffenen anrufen und ihnen sagen: „Sie haben doch mal bei der SKL (Süddeutsche Klassenlotterie) gespielt, nun haben wir für Sie ein neues Angebot.“ Damit sollten die Angerufenen angeblich gelockt werden. Insgesamt sollen die Datensätze von der Branche dazu missbraucht worden sein, den Angerufenen später Vertragsabschlüsse vorzugaukeln und ihnen dann Geld abzubuchen. Mehrfach gab es in der Vergangenheit darüber Beschwerden bei den Verbraucherzentralen.
Branchenkenner berichten, die Masche mit illegal erworbenen Daten funktioniere ganz simpel. In der Regel würden die Betroffenen von Lotto- oder Telekommunikationsgesellschaften über Callcenter angerufen. Dann buchten sie meist kleinere Beträge von den Konten der angeblich neu geworbenen Kunden ab, für die sie die Datensätze haben. Häufig falle das den Betrogenen nicht sofort auf. Verbraucherzentralen weisen daher jetzt darauf hin, dass das Geld innerhalb von sechs Wochen über die eigene Bank zurückgebucht werden kann.
Angesichts dieses breit angelegten illegalen Datenhandels fordert nun auch Deutschlands oberster Datenschützer, Peter Schaar, härtere Strafen für die Täter. Es seien wirksame Mittel nötig, um den Datenschutz durchzusetzen und Missbrauch mit scharfen Sanktionen zu belegen, sagte er. Schaar forderte daher härtere Sanktionen als bislang. Statt geringfügiger Bußgelder seien Strafen in Millionenhöhe gegen die Täter notwendig. In einer Pressekonferenz heute in Berlin will sich der Bundesbeauftragte für den Datenschutz ausführlicher zum Geschehen äußern.
Zurückhaltend gibt man sich bislang dagegen im zuständigen Bundesinnenministerium. Dort will man von Strafverschärfungen und Gesetzesänderungen derzeit nichts wissen. Der Fall müsse zunächst einmal von den Ermittlungsbehörden untersucht und aufgeklärt werden, sagte eine Sprecherin gestern. Danach würden die Verantwortlichen vor Gericht gebracht. Ohnehin sei es jetzt schon möglich, Bußgelder von bis zu 250.000 Euro zu verhängen. Für die unbefugte Erhebung oder Bearbeitung von derart sensiblen Daten könnten sogar Freiheitsstrafen und deutlich höhere Geldstrafen verhängt werden, sagte sie weiter. Es komme vor allem erst einmal darauf an, bestehende juristische Möglichkeiten auszuschöpfen.
In einer Sache sind sich Bundesjustizministerium und Bundesdatenschützer allerdings einig: Beide fordern, dass die Menschen in Deutschland künftig vorsichtiger bei der Weitergabe persönlicher Daten sein sollen. „Der beste Datenschutz ist der sparsame Umgang mit den eigenen Daten“, sagte eine Sprecherin des Ministeriums.
Auch der Datenschutzbeauftragte Schaar forderte die Verbraucher zum Umdenken auf. Außerdem riet er ihnen, im Fall eines Missbrauchs den Handelspartner oder sogar die Bank zu wechseln. Dies sei ein angemessenes Mittel, um den unangemessenen Umgang mit den eigenen Bankdaten durch solche Geschäftspartner zu bestrafen.