Der insolvente schwedische Autohersteller Saab muss wegen akuter Zahlungsprobleme die Produktion einstellen. Wie ein Sprecher des Zollamtes bestätigte, haben die Behörden jede Anlieferung oder Auslieferung von Material oder fertigen Autos für das Stammwerk Trollhättan verboten, weil das Unternehmen seine Zollgebühren nicht entrichtet hat. Es handele sich um „eine beträchtliche Summe“.
Saab hatte letzte Woche als Tochter des US-Konzerns General Motors (GM) Insolvenz beantragt, dabei aber auch die Fortsetzung der Produktion mit 4100 Beschäftigten angekündigt. Aus dem Unternehmen verlautete, dass man die Probleme mit dem schwedischen Zoll „alsbald“ lösen werde.
Der selbst um sein Überleben kämpfende Mutterkonzern in Detroit will die Fortsetzung der Produktion für die zunächst auf drei Monate befristete Umstrukturierung Saabs zu einem „selbstständigen Unternehmen“ finanzieren, verlangt aber auch Regierungszuschüsse aus Stockholm. Die Regierung lehnt alle Hilfen solange ab, bis es keinen neuen Eigner für den kleinen Autohersteller mit einer Jahresproduktion von 94.000 Wagen (2008) gibt.
Unterdessen wachsen auch die Sorgen bei der Saab-Konzernschwester Opel. Einen Tag vor den europaweiten Protestaktionen der Beschäftigten hat die EU-Kommission vor massiven Jobverlusten gewarnt, sollte der Mutterkonzern General Motors untergehen. „Insgesamt reden wir hier über die Zukunft von mindestens 400.000 qualifizierten Arbeitsplätzen in der Europäischen Union, allein im Bereich der Hersteller und der Zulieferer“, sagte EU-Kommissar Günter Verheugen am Mittwoch in Brüssel.
Skeptisch beurteilte Verheugen die Idee einer staatlichen Beteiligung an Opel, wie sie von mehreren Bundesländern diskutiert wird. Er warne vor der „Attitüde des weißen Ritters..., der in schimmernder Rüstung angaloppiert und Rettung in Aussicht stellt, dabei aber das Risiko läuft, dass er diese Rettung gar nicht liefern kann.“
Die Probleme bei den europäischen General-Motors-Töchtern seien „das Ergebnis eines langjährigen Managementversagens“, sagte der EU-Kommissar: „Dafür kann der europäische Steuerzahler nicht ohne weiteres aufkommen.“ Zu den Tochterfirmen von General Motors zählen neben Opel auch die britische Schwestermarke Vauxhall und der schwedische Autohersteller Saab.
Nach einer Umfrage des Hamburger Magazins „Stern“ und des Fernsehsenders RTL unter 1.004 Bürgern befürworten 52 Prozent der Bundesbürger einen Einstieg des Staates bei Opel, 40 Prozent sind dagegen. Selbst 50 Prozent der Unions-Wähler und 48 Prozent der FDP-Anhänger sind dafür.
Die rund 50.000 Beschäftigten von Opel, Saab und Vauxhall wollen am (morgigen) Donnerstag mit Demonstrationen und Protestaktionen für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze werben. Die zentrale Kundgebung findet am Vormittag in Rüsselsheim statt. An dieser Demonstration werden auch Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier und IG-Metall-Chef Berthold Huber teilnehmen. Darüber hinaus sind Demonstrationen in neun weiteren europäischen Ländern geplant.
Nach einem Gespräch mit Management und Betriebsrat erklärten Vertreter der europäischen Opel-Händler ihre Bereitschaft, sich an Opel zu beteiligen. „Wir sind bereit, in ein Opel-Zukunftskonzept zu investieren“, sagte der Vorsitzende der Händlerorganisation Euroda, Jaap Timmer. Nach eigenen Angaben repräsentiert der Verband insgesamt 4.000 Opel-Händler aus 24 Ländern mit insgesamt 120.000 Beschäftigten.
Timmer sagte WELT ONLINE, eine direkte Beteiligung der Händler sei dabei nicht „die wahrscheinlichste Lösung“. Statt dessen schlug er die Bildung eines Opel-Fonds vor, in den jeder Händler 100 bis 200 Euro pro verkauftem Fahrzeug einzahlen müsse.
Der stellvertretende hessische Ministerpräsident Jörg-Uwe Hahn (FDP) sprach sich für die Bildung einer Opel-Mitarbeitergesellschaft aus. Eine solche Gesellschaft sollte sich an dem Unternehmen beteiligen und könne Opel so stabilisieren, sagte Hahn der Nachrichtenagentur AP. Opel brauche frisches Kapital und die Beteiligung der Belegschaft sei auch für die Finanzindustrie ein positives Signal. Für Finanzinvestoren sei klar, dass ein Unternehmen, an dem Tausende von Mitarbeitern beteiligt seien, nicht so schnell untergehen könne.
Wie das Magazin „auto motor und sport“ berichtete, leiden die europäischen GM-Töchter unter einer Überkapazität von bis zu 500.000 Fahrzeugen pro Jahr. Im vergangenen Jahr habe die Auslastung der Werke bei nur 64 Prozent gelegen.