Dortmund (dpa) - In einem rosa Spitzenkleid und mit einer Krone auf ihren dunkelbraunen Haaren steckt die sechsjährige Aylin Akköse mittendrin im bunten Treiben des Dortmunder Kinderkarnevals. Dass sie einen türkischen Migrationshintergrund hat, interessiert hier niemanden. Die als Prinzessin verkleidete Sechsjährige kennt sich aus im Karneval. In ihrer Heimatstadt Beckum ist Aylin bereits seit vier Jahren Mitglied der Karnevalsgesellschaft «Schildbürger», seit vorigem Jahr sogar Maskottchen.
«Seit sie laufen können, gehen meine Kinder bei Karnevalszügen mit», sagt Vater Aykut Akköse, selbst ein Blaublut unter den Narren. Nachdem der 33 Jahre alte Unternehmer 2008 zum ersten türkischen Karnevalsprinzen Westfalens gekürt wurde, hat er nun mit einer Handvoll Mitstreiter den nach seinen Angaben weltweit ersten türkischen Karnevalsverein «1. Türkische Narrenzunft Dortmund 09 e.V.» gegründet. Anfangs sei es noch eine Schnapsidee gewesen, den letzten Ausschlag habe dann eine RTL-Satire über türkische Karnevalsmuffel gegeben. «Die türkischen Mitbürger gehen doch nicht zum Lachen in den Keller. Wir können genau so Spaß haben, wie alle anderen auch», sagt Aytac Arman, Pressesprecher der Narrenzunft und am Sonntag als Clown verkleidet.
Die türkischen Jecken wollen eine Hemmschwelle abbauen und andere Nationalitäten in Deutschland anspornen, ebenfalls Karneval zu feiern. Alle seien daher eingeladen dem Verein beizutreten, um auch einmal über sich selbst zu lachen. Wie das gehen kann, zeigt die «Türkische Narrenzunft» mit Türkenwitzen und dem Vereinswappen aus Dönerspieß mit Narrenkappe. Dass ihr Humor vielleicht nicht überall ankommt, lässt die Jecken kalt. «Für viele ist Religion an Karneval ein wichtiges Thema und das akzeptieren wir auch. Wir verfolgen allerdings keine politischen oder muslimischen Ziele», sagt Arman. In seinen Augen ist Karneval einfach ein Fest, bei dem alle gemeinsam feiern und vor allem Spaß haben können.
Und der Spaß steht bei dem noch kleinen Verein klar im Vordergrund. So lassen die sieben Mitglieder kaum einen Kalauer aus und verzichten in der fünften Jahreszeit auch nicht auf typisch deutsche Karnevalstugenden. «Alkohol und Bützjer (Küsse) gehören bei uns genauso dazu, wie Funkenmariechen und der Rosenmontagszug», erklärt Pressesprecher Arman. Gerne greife man aber auch einmal auf die eigenen Traditionen zurück und engagiere beispielsweise für eine Karnevalssitzung eine Bauchtänzerin. «Wir picken uns aus jeder Kultur das Beste raus», freut sich Akköse.
Für 2009 begnügt sich der Verein mit kleinen Vorhaben und sucht für den Rosenmontagszug noch einen Dortmunder Karnevalsverein zum Mitfahren. «Wir sind keine 72 Stunden alt und konnten für dieses Jahr noch nicht viel vorbereiten», erklärt Schriftführer Hakan Kartal. 2010 wolle man dann mit eigenem Wagen und türkisch-deutschen Büttenreden richtig durchstarten.
Bereits Anfang Januar hatte sich in Köln der angeblich «Erste Türkische Karnevalsverein» medienwirksam der Öffentlichkeit präsentiert. Das Ganze entpuppte sich am Tag danach jedoch als Satire des Privatsenders RTL.