Die weltweite Finanzkrise hat nach den Banken auch Volkswirtschaften in Europa und Asien erfasst. Erste Länder haben bereits beim Internationalen Währungsfonds (IWF) um Hilfe angefragt. Die jüngsten Kandidaten sind Ungarn und die Ukraine.
Wegen seiner hohen Auslandsverschuldung und früherer Reformversäumnisse leidet Ungarn stärker als andere Länder Osteuropas unter der Finanzkrise. Investoren zogen daraufhin ihre Gelder ab, sodass der Handel mit ungarischen Staatsanleihen praktisch zum Erliegen kam und die Landeswährung Forint massiv an Wert verlor. Der IWF will dem Land nun mit einem „substanziellen Finanzpaket“ unter die Arme greifen. Daran sollen sich auch die EU, einzelne europäische Regierungen sowie weitere Organisationen beteiligen. Eine konkrete Summe für das Hilfspaket nannte IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn noch nicht. Experten erwarten, dass Ungarn im Gegenzug für die Hilfe bestimmte Auflagen erfüllen muss wie etwa Kürzungen bei den Staatsausgaben.Wie andere osteuropäische Länder ist auch die Ukraine besonders anfällig für die Folgen der weltweiten Finanzkrise. Auch wenn die Staatsverschuldung mit 12,5 Prozent der Wirtschaftskraft relativ niedrig ist, hängt das Land in großem Maße von ausländischen Investitionen ab und kann nicht aus eigener Kraft ein Rettungspaket für die Finanzbranche stemmen. Der Preisverfall beim wichtigsten Exportgut Stahl hat die Situation weiter verschärft. Die Ukraine hat daher vom IWF die Zusage für ein umfangreiches Finanzpaket erhalten, um die Wirtschaft im Land zu stabilisieren. Insgesamt sollen 16,5 Milliarden Dollar fließen. Ausländische Investoren hatten in den vergangenen Monaten das Vertrauen in die ukrainische Zentralbank und die privaten Finanzinstitutionen des Landes verloren. Die Kreditwürdigkeit des Landes wurde von der Ratingagentur Standard & Poor’s allein seit Juni dreimal herabgestuft. Der Aktienmarkt ist in diesem Jahr um über 80 Prozent abgestürzt. Die Inflation liegt bei über 25 Prozent.
Estland war bis zuletzt eine Erfolgsgeschichte. Die Bewohner besitzen die höchste Kaufkraft aller ehemaligen Sowjetrepubliken dank rascher und entschlossener Reformen nach dem Fall der Sowjetunion. In Rekordzeit machte sich das baltische Land fit für die Aufnahme in die Europäische Union vor vier Jahren. Doch das Land steht erstmals seit mehr als zehn Jahren vor einer Rezession. Die rasante Wirtschaftsentwicklung der vergangenen Jahre mit Wachstumsraten von über zehn Prozent 2005 und 2006 ist zu einem abrupten Halt gekommen. Denn der Bauboom in dem Land und das rasante Konsumwachstum waren vor allem durch Kredit finanziert worden. Skandinavische Banken, die den Markt in Estland dominieren, fahren derzeit die Kreditvergabe zurück. Die Lage wird verschärft sich durch ein hohes Zahlungsbilanzdefizit, da die estnischen Exporte weit hinter den Einfuhren zurückhängen. Die Finanzierung dieses Defizits wird auf den internationalen Märkten immer schwieriger.
Ebenso wie Ungarn leidet in Europa auch Dänemark besonders stark unter der Finanzkrise. Um die Landeswährung Krone zu stützen, hat die dänische Notenbank trotz der weltweit drohenden Rezession den Leitzins überraschend angehoben. Die Europäische Zentralbank (EZB) unterstützt mittlerweile auch Notenbanken, die gar nicht zum Euro-System gehören. So hat die EZB mit der dänischen Notenbank ein Devisentauschgeschäft über zwölf Milliarden Euro abgeschlossen, um die Lage am Geldmarkt zu entspannen. Damit kann die Notenbank Dänemarks zusätzliche Euro-Mittel an die Banken geben. Dänemark hat den Euro nicht eingeführt, viele dänische Banken sind aber auf Euro angewiesen.
Angesichts der Finanzkrise arbeiten die Notenbanken vieler Länder eng zusammen. Zuvor hatte die EZB der ungarischen Zentralbank bis zu fünf Milliarden Euro geliehen. Auch zwischen der Schweizer Notenbank und der EZB gibt es ein Abkommen, um die Versorgung der Märkte in der Euro-Zone mit Schweizer Franken zu gewährleisten