Die Finanzkrise bringt ganze Staaten an den Rand des Ruins. Nicht nur überhitzte Volkswirtschaften Asiens oder Südamerikas sind vom Staatsbankrott bedroht – auch europäische Länder sind betroffen. Ungarn, Serbien und die Ukraine rufen nach Notkrediten. Einige Länder stehen an der Schwelle zur Panik.
Währungskrisen und Staatsbankrott galten bis vor kurzem noch als Probleme überhitzter Volkswirtschaften in Südamerika oder Asien. Die Finanzkrise sorgt dafür, dass erstmals auch europäische Staaten ähnlich hart gebeutelt werden. Ungarn hat sich mit der Europäischen Zentralbank (EZB) über einen Notkredit in Höhe von fünf Mrd. Euro geeinigt. Gleichzeitig signalisierten die Krisenexperten des Internationalen Währungsfonds (IWF) dem Land Unterstützung. Auch Ukraine und Serbien sind schon an den IWF herangetreten, Island, unmittelbar vom Staatsbankrott bedroht, sowieso.
Die Probleme sind aus Währungskrisen der Vergangenheit bekannt. Mit ausländischem Kapital wurde ein teils rasantes Wirtschaftswachstum finanziert. Nun, wo weltweit Banken taumeln, wird ausländisches Kapital abgezogen. Die einheimische Währung verliert dramatisch an Wert; die Auslandsverschuldung schnellt in die Höhe.
In Ungarn war es Ende vergangener Woche infolge der Finanzkrise zu spekulativen Angriffen auf ungarische Staatsanleihen und die Landeswährung Forint gekommen. Der Handel mit den Anleihen kam zeitweise völlig zum erliegen. Der Forint verlor innerhalb weniger Tage zehn Prozent an Wert im Vergleich zum Euro. Die Auslandsverschuldung könnte zu einem Staatsbankrott führen. Ungarns Bankensystem ist in hohem Maße von ausländischem Geld abhängig. Um die Lage etwas zu beruhigen, hat die EZB den Milliardenkredit gewährt. Das reicht aber längst nicht, um das Land zu stabilisieren. Für Samstag hat der ungarische Premier Ferenc Gyurcsany Parteien und Wirtschaftsführer zu einem „Nationalen Gipfel“ geladen.
Ähnlich schlecht wie dem EU-Mitglied Ungarn geht es auch der Ukraine. Die Regierung in Kiew hat den IWF offiziell um Beistand gebeten. Zunächst soll nun eine IWF-Delegation in Kiew die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Regierung von Ministerpräsidentin Julia Timoschenko überprüfen. Das Land steht bereits an der Schwelle zur Panik. Die Landeswährung Hryvna hat gegenüber dem Dollar innerhalb weniger Tage rund 20 Prozent an Wert verloren. Die Ukrainer vertrauen ihrer Währung nicht mehr und haben begonnen, Hryvna in Dollar umzutauschen.
Allein im Oktober wurden bislang mehr als 1,3 Mrd. Dollar Konten abgezogen. Auch Gold kaufen die Ukrainer in großem Stil. Der Goldimport ist seit Jahresbeginn um das Vierfache im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Die Regierung will den Schaden begrenzen. Strompreise für die Stahl- und Chemieindustrie wurden eingefroren, um die Unternehmen zu entlasten. Die Zentralbank beschränkt Aktivitäten der Geschäftsbanken. Geholfen hat es bislang wenig.