Welt Online, 31.07.2008
Der Streik des Service-Personals trifft die Lufthansa noch stärker. Jeder zehnte Flug durch Europa soll in den nächsten fünf Tagen ausfallen. Auch Langstreckenflüge werden gestrichen – vor allem nach Asien und Amerika. Ver.di jubelt bereits: Die Technik zur Wartung der Flugzeuge in Hamburg sei lahm gelegt.
Die Lufthansa fliegt wegen des unbefristeten Streiks der Gewerkschaft Ver.di ab dem heutigen Donnerstag an mit einem Sonderflugplan. Nach Angaben des Unternehmens sollen etwa zehn Prozent der innereuropäischen Flüge entfallen. Betroffen sind demnach starkfrequentierte Strecken, auf denen Flüge zusammengelegt oder Passagiere auf Partnergesellschaften umgebucht werden können. Der Sonderflugplan gilt zunächst bis einschließlich Montag.
Lufthansa-Streik: Wann gibt es Geld zurück?
Am Donnerstag sollen zunächst 136 Flüge ausfallen, was laut Lufthansa sieben Prozent des Gesamtangebotes ausmacht. 28 der Flüge sind Interkontinentalverbindungen. Betroffen ist dabei vor allem das Drehkreuz Frankfurt. Fluggäste können sich über die Änderungen im Internet unter lufthansa.com informieren. Außerdem steht die Hotline 0800-8506070 zur Verfügung. Um den Status einer Buchung abzufragen, steht Reisenden zudem unabhängig von Streik oder Fluggesellschaft die Seite checkmytrip.com zur Verfügung.
Derzeit verhandeln die Tarifpartner nach eigenen Angaben nicht mehr miteinander. Ver.di fordert für die rund 50.000 Beschäftigten am Boden und in der Kabine 9,8 Prozent mehr Geld für ein Jahr. Die Lufthansa bietet 7,7 Prozent für 21 Monate inklusive einer Einmalzahlung. An dem Ausstand beteiligten sich zunächst nur Angehörige des Bodenpersonals in der Technik, der Verpflegung und im Frachtbereich. Hier sind nach Schätzungen rund 50 Prozent der Mitarbeiter bei Ver.di organisiert. Beim Kabinenpersonal sind dagegen nur 15 Prozent Ver.di-Mitglieder.
Ein Schwerpunkt des Streiks ist Lufthansa Technik in Hamburg. Mehr als 1200 Streikende der Werft hatten am Mittwoch ihrer Forderung nach höheren Gehältern mit einer Kundgebung im Flughafenterminal Nachdruck verliehen. Ein Unternehmenssprecher widersprach allerdings Ver.di-Angaben, wonach die Werft lahmgelegt sei. „Wir können von Hamburg aus noch alle Kunden bedienen“, sagte Bernd Habbel. In Hamburg stehe keine Lufthansa- Maschine still, auch andere Kunden würden noch versorgt. Die Technik-Tochter des Lufthansa-Konzerns erzielt einen Jahresumsatz von rund 3,5 Milliarden Euro und beschäftigt weltweit mehr als 18.700 Menschen.
Analysten: Streik kostet Lufthansa täglich fünf Millionen Euro
Analysten schätzen, dass der laufende Arbeitskampf den Konzern täglich rund fünf Millionen Euro kostet. Der Streik trifft die Lufthansa in einer ohnehin schwierigen Zeit. Die Fluggesellschaft muss im laufenden Jahr voraussichtlich Treibstoffkosten von knapp 5,6 Milliarden Euro schultern - 1,7 Milliarden Euro mehr als im Vorjahr. Zwar kann das Unternehmen einen Teil des Anstiegs durch Sicherungsgeschäfte und höhere Ticketpreise abfedern.
Das Passagiergeschäft, mit dem der Konzern etwa die Hälfte seiner Erträge erzielt, wird jedoch 2008 aufgrund der höheren Treibstoffrechnung weniger Gewinn abwerfen, wie Gemkow erklärte. Durch teilweise deutliche Ergebniszuwächse - etwa im Technikbetrieb oder dem Frachtgeschäft - solle der Rückgang aber wettgemacht werden.
Nun wollen auch noch die Flugbegleiter streiken, die in einer Spezialgwerkschaft namens Ufo organisiert sind. Die Unabhängige Flugbegleiter-Organisation hat angekündigt, im kommenden Jahr eine Tariferhöhung um 15 Prozent durchsetzen zu wollen. Sie beteiligt sich nicht am derzeitigen Arbeitskampf.
Es sei „sehr wahrscheinlich“, dass 2009 ein Arbeitskampf nötig sei, sagte der Leiter Tarifpolitik und Recht bei Ufo, Joachim Müller, der „Frankfurter Rundschau“. Ufo sei straff organisiert und vertrete „Funktionseliten“: Ohne Flugbegleiter könne keine Maschine starten.
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