Der Protest in der Schweiz gegen Peer Steinbrück hat einen neuen peinlichen Höhepunkt: Verteidigungsminister Ueli Maurer will keinen Mercedes mehr fahren. Er hat genervt seinen Dienstwagen zurückgegeben. Künftig möchte er in einem französischen Renault Espace chauffiert werden, so Maurer.
Die Attacken des deutschen Finanzministers Peer Steinbrück auf die Schweiz und ihr Bankgeheimnis haben den Schweizer Verteidigungsminister Ueli Maurer zu einer persönlichen Protestaktion bewogen: Er gab seinen Mercedes-Benz-Dienstwagen zurück.
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums der Schweiz sagte WELT ONLINE, die Aussagen Peer Steinbrücks hätten Maurer "genervt". Daraufhin habe er seinen Mercedes der S-Klasse abgegeben. Aus dem Fuhrparkt habe sich der Minister dann einen Renault Espace ausgesucht, der "eigentlich für die Bediensteten des Ministeriums zur Verfügung steht". Die andere Alternative wäre ein Audi A8 gewesen. Wie lange er auf seinen Mercedes verzichten wolle, war dem Verteidigungsministerium nicht bekannt. Für Privatfahrten benutzt Maurer übrigens nach wie vor einen Subaru, ein japanisches Fabrikat.
Noch dirketer protestiert Kuno Hämisegger, Cheflobbyist der Schweizerischen Bankiervereinigung, nach Infomrationen des "Blicks" gegen Peer Steinbrück. Er soll für eine Facebookgruppe mit dem Titel "Ich könnte Peer Steinbrück pausenlos die Fresse polieren!" werben. Die Gruppe hatte am Sonntag fast 13.000 Mitglieder.
Der Chef der Züricher Privatbank Vontobel, Herbert Scheidt, hat das Verhalten von Steinbrück scharf kritisiert. „Als Deutscher finde ich es besonders bedauerlich, welch ein rabiates und ungehobeltes Verhalten der Finanzminister in den vergangenen Wochen an den Tag gelegt hat“, sagte er im Interview mit der „Welt am Sonntag".
Steinbrück hatte mit harschen Worten eine Lockerung des Bankgeheimnisses eingefordert und damit in der Schweiz Empörung hervorgerufen. „Dass die Schweiz in gewissen Dingen ein anderes Staatsverständnis hat, muss man auch in Berlin zunächst einmal so akzeptieren“, sagte Scheidt.
Hintergrund des Streits ist der wachsende internationale Druck auf die Steueroasen vor dem Weltfinanzgipfel Anfang April in London, der das Thema auf der Tagesordnung hat. Auf einer provisorischen schwarzen Liste der OECD steht dem „Handelsblatt“ zufolge auch die Schweiz. Steinbrück hatte die Liste als „siebte Kavallerie in Fort Yuma“ bezeichnet, die man ausreiten lassen könne, aber nicht müsse: „Die Indianer müssen nur wissen, dass es sie gibt“, hatte der begeisterte Cineast in einer Pressekonferenz gesagt.
Hinzu kommt ein gewisser Frust bei den Schweizer Politikern, weil die wegweisenden politischen Entscheidungen im vergangenen halben Jahr allesamt über ihre Köpfe gefallen sind. Sowohl beim Rettungspaket für die Großbank UBS als auch bei der Übergabe der Daten von 300 zumeist unbescholtenen UBS-Kunden an die USA handelte die Exekutive in Eigenregie. Der Ärger darüber, das jahrzehntelang als „nicht verhandelbar“ verteidigte Bankgeheimnis unter internationalem Druck verraten zu haben, tut ein Übriges.
Und in einer Parlamentsdebatte ergriff ein politischer Nobody die Chance, die geballte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Der Christdemokrat Thomas Müller sagte: „Peer Steinbrück erinnert mich an jene Generation von Deutschen, die vor 60 Jahren mit Ledermantel, Stiefel und Armbinde durch die Gassen gegangen sind.“
Berns Finanzminister Hans-Rudolf Merz hat gar eine Einladung Steinbrücks zu einem Treffen vor dem G-20-Gipfel ausgeschlagen. "Zurzeit ist kein Treffen vorgesehen", sagte Merz der "SonntagsZeitung". Damit macht sich Merz auch zu Hause nicht nur Freunde. Dick Marty, FDP-Ständerat und Präsident der Aussenpolitischen Kommission: "Mit Staaten zu sprechen, die grundsätzlich Freunde sind, wäre immer richtig."
Rückendeckung bekam Steinbrück von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Bei Steueroasen sei es richtig, „Ross und Reiter mit Namen zu nennen“, sagte die Kanzlerin. Mit ihren Äußerungen in einer Regierungserklärung kurz vor dem EU-Gipfel in Brüssel hievte die Kanzlerin den Eklat auf eine höhere diplomatische Ebene. Merkel nannte die Schweiz zwar nicht beim Namen. Sie zeigte sich aber zufrieden, dass alleine die Androhung, Steueroasen beim Namen zu nennen, bei einigen dieser Länder in Europa bereits Wirkung gehabt habe.
Westerwelle warf der Bundeskanzlerin daraufhin vor, er vermisse von ihr ein Wort der Diplomatie.
Aus Verärgerung über Steinbrück wurde auch der deutsche Botschafter Axel Berg ins Schweizer Außenministerium einbestellt. Es ist das zweite Mal innerhalb eines halben Jahres, dass Berg sich für Äußerungen Steinbrücks rechtfertigen muss.