Die Opel-Krise beschäftigt die deutschen Politiker. Während Vizekanzler Steinmeier verhindern will, dass eine mögliche Staatshilfe für Opel an General Motors fließt, will Wirtschaftsminister zu Guttenberg von den Amerikanern wissen, wie Opel aus dem Mutterkonzern gelöst wird. Auch der Bund spricht mit potenziellen Investoren über einen Einstieg.
SPD-Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier fordert in der Opel-Krise schnelle Entscheidungen. „Wir wissen nicht, wie lange die Liquidität reicht, da ist Eile geboten“, sagte der Vizekanzler der Bundesregierung in der Aufzeichnung der ARD-Talksendung „Beckmann“. Es gebe viele Fragen, die entschieden werden müssten, so lange Opel noch in der Lage sei, Material zu bestellen, das notwendig sei zum Bau von Autos.
Von den Gesprächen zwischen Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und den General-Motors-Managern in den USA erhoffe er sich schnelle und konkrete Antworten, sagte Steinmeier. „Es muss sicher sein, dass die Marke Opel im Automarkt der Zukunft eine Chance hat.“ Die Patente müssten dem Unternehmen tatsächlich zur Verfügung stehen. Es müsse verhindert werden, dass der Gegenwert öffentlicher Hilfen in Europa an den Mutterkonzern General Motors (GM) in den USA fließe.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) rechnete mit einer erfolgreichen US-Reise zu Guttenbergs. „Ich bin ganz sicher, dass der neue Bundeswirtschaftsminister mit guten Ergebnissen aus Amerika zurückkommt“, sagte Rüttgers vor einer Sitzung der CDU-Spitze in Berlin. „Ich glaube, es ist auch inzwischen in Deutschland klar, dass wir Opel helfen wollen, das hat die Bundeskanzlerin deutlich gesagt.“ Es gehe um einen „der großen industriellen Kerne Deutschlands“.
Die bisherigen Konzepte von Opel nannte Rüttgers einen guten Einstieg. „Da muss jetzt noch etwas von General Motors dazukommen“, sagte Rüttgers. Er sei sicher, dass Guttenberg dies in Absprache mit der US-Regierung erreichen werde. Merkel hatte kritisiert, dass die bisherigen Konzepte von Opel keine ausreichende Grundlage seien, um über staatliche Hilfe zu entscheiden.
Guttenberg wollte in den USA darüber beraten, wie und in welchem Umfang Opel aus dem General-Motors-Konzern gelöst werden kann. In New York trifft der Minister mit Vertretern der Finanzbranche zusammen. Danach folgen Gespräche in Washington mit US-Finanzminister Tim Geithner sowie den Chefs von Weltbank und Währungsfonds.
In den USA wird bis 31. März die Vorlage eines Sanierungsplans von General Motors erwartet, der über das Überleben der angeschlagenen Opel-Mutter entscheiden dürfte. Opel will sich nach Angaben des Managements und des Betriebsrats zumindest teilweise von GM lösen und will Bürgschaften in Höhe von rund 3,3 Milliarden Euro vor allem von der Bundesregierung, um die europäischen Werke auf eine solide Basis zu stellen.
Unabhängig vom Ausgang der Verhandlungen in den USA spricht der Bund nach Angaben aus Regierungskreisen mit potenziellen Investoren über einen Einstieg bei Opel. „Es gibt Interessenten, seriöse und weniger seriöse“, sagte ein Regierungsvertreter der Delegation von zu Guttenberg in New York.
Das Wirtschaftsministerium sieht den Einstieg eines privaten Investors als Voraussetzung für eine langfristige Sanierung Opels an. Allerdings hätten die Interessenten ähnliche Fragen wie die Bundesregierung an den Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) und die US-Regierung. Hierbei gehe es unter anderem um die Konditionen einer Abspaltung Opels von der Muttergesellschaft GM sowie um die Frage der Verfügung über Patente und Lizenzen, die teilweise an die US-Regierung verpfändet sein sollen.
Guttenberg will in Gesprächen mit Geithner und mehreren Beratern von Präsident Barack Obama will er auch verhindern, dass die Regierungen in Washington und in Berlin bei dem Bestreben von GM/Opel, an Staatshilfen zu kommen, gegeneinander ausgespielt werden. 26.000 Arbeitsplätze allein in Deutschland stehen auf dem Spiel. Das sehen die Unterhändler der Opel-Mutter offenbar auch als Drohpotenzial.
„Wäre doch schade, wenn die ausgerechnet im Wahljahr verloren gingen“, zitierte die Nachrichtenagentur AP einen indirekt Beteiligten zur Haltung der GM-Spitze. Denn in Deutschland wird im Herbst 2009 ein neuer Bundestag und damit eine neue Regierung gewählt.
Guttenberg glaubt, dass die GM-Manager die Frist bis Ende März und sogar einen weiteren möglichen Monat voll ausschöpfen, bevor sie ihren Rettungsplan präsentieren. diese Fristen ausgeschöpft werden. Er will den Amerikanern „deutlich machen, dass man das Prozedere nicht umkehren kann“: also erst Geld zusagen und dann an der Zukunft arbeiten.
„Wir brauchen die Sicherheit, weil wir mit Steuermitteln umgehen“, sagte der Bundesminister. Zur eigenen Sicherheit arbeitet das Ministerium trotz offener Fragen schon an verschiedenen Szenarien. Etwa eine Opel-Europa-AG allein oder eine Opel-AG mit Ausdehnung über den Kontinent hinaus.
Das wäre in Guttenbergs Augen eine Möglichkeit, um die kritische Masse zu erreichen: das heißt, weiterhin so groß zu sein, um genügend geeignete Fahrzeuge für den Massenmarkt herstellen und vertreiben zu können. Am liebsten wäre der Bundesregierung ein Privatinvestor aus der Autoindustrie, mit dessen Portfolio und Absatzgebieten das möglich wäre. Dagegen spricht, dass auch die Konkurrenz Überkapazitäten hat und der Markt der Autokäufer zuletzt stark schrumpfte – wobei mithilfe der Abwrackprämie in Deutschland beispielsweise vermehrt kleinere Neuwagen bestellt werden.
Nicht infrage kommt für zu Guttenberg eine direkte Staatsbeteiligung an Opel. Es gibt aber auch für den Fall Szenarien, dass GM Chapter 11 in Anspruch nimmt, die amerikanische Variante der Insolvenz, einen Gläubigerschutz. Wie das deutsche Szenario dafür genau aussieht, verriet der CSU-Politiker bisher jedoch nicht.