Fast 20 Jahre nach dem Mauerfall wünscht sich einer repräsentativen Umfrage zufolge im Osten Deutschlands jeder Neunte die DDR zurück. Lediglich 22 Prozent fühlen sich nach eigenen Angaben als „richtige Bundesbürger". Dennoch sehen sich mehr Ostdeutsche als Gewinner denn als Verlierer der Einheit.
Eine Mehrheit von 70 Prozent empfindet eine starke Verbundenheit mit Ostdeutschland – mit der Bundesrepublik als Ganzes fühlen sich mit 42 Prozent deutlich weniger Menschen verbunden, dokumentiert der vorgelegte „Sozialreport 2008“ des Bundesverbands Volkssolidarität. Demgegenüber ist die Bindung an das jeweilige Bundesland (57 Prozent) und den Wohnort (61 Prozent) stärker ausgeprägt. Jeder Neunte Ostdeutsche wünscht sich DDR zurück.Zugleich schwinden in den neuen Bundesländern und im Osten Berlins das politische Interesse und das Vertrauen in die Politik, ebenso der Glaube an gleiche Lebensverhältnisse in Ost und West. Nur noch 16 Prozent erwarten der Umfrage zufolge, dass bis zum Auslaufen des Solidarpakts 2020 die Einkommen angeglichen sein werden. 43 Prozent haben diese Hoffnung aufgegeben. Dennoch sehen sich mehr Ostdeutsche als Gewinner denn als Verlierer der Einheit: 39 Prozent sehen sich eher als Gewinner, für 29 Prozent halten sich Gewinne und Verluste die Waage, und 28 Prozent – besonders Arbeitslose und Geringverdiener – sehen sich eher als Verlierer.Mit ihrer eigenen Lebenssituation sind 39 Prozent der Befragten, vor allem junge Leute und Rentner, insgesamt zufrieden, der Anteil der Unzufriedenen fällt mit 16 Prozent deutlich geringer aus. Bei der Beurteilung der eigenen wirtschaftlichen Lage überwiegen dagegen die negativen Stimmen mit 29 zu 26 Prozent – laut Volkssolidarität begründet durch höhere Arbeitslosigkeit und geringere Einkommen als im Westen. So fällt auch der Blick in die Zukunft eher pessimistisch aus: Knapp die Hälfte (46 Prozent) der Ostdeutschen sieht für sich künftig schlechtere Chancen, nur jeder Neunte (elf Prozent) erwartet eine Verbesserung.Als wichtigsten Wert sehen die Ostdeutschen laut Umfrage die Arbeit. Seit der ersten Befragung aus dem Einheitsjahr 1990 hat sie für die Bürger mit einem Plus von zwölf Punkten am stärksten an Bedeutung gewonnen und liegt mit 77 Prozent an der Spitze der Werteskala vor Familie, sozialer Sicherheit (je 72 Prozent) oder Gesundheit (58 Prozent). Es folgen unter anderem Kinder (53 Prozent), die bei den unter 30-Jährigen gegenüber 1990 deutlich an Stellenwert eingebüßt haben. Eine intakte Umwelt ist knapp der Hälfte (47 Prozent) der Befragten sehr wichtig. Das Leben in einer demokratischen Gesellschaft hat dagegen nur noch für 24 Prozent einen derartigen Stellenwert – 1990 waren es 54 Prozent.Was das Zusammenleben mit Ausländern betrifft, so bewerten nur acht Prozent der Befragten das Klima in Deutschland als freundlich. 28 Prozent beschreiben es als eher unfreundlich, 19 Prozent gar als ausländerfeindlich. Dabei stimmen 40 Prozent – sieben Punkte weniger als noch 2002 – selbst der Aussage zu, es gebe „zu viele Ausländer“ in Deutschland. Weitere 34 Prozent bejahen dies zum Teil. Nur 15 Prozent sehen demnach in ausländischen Mitbürgern eine „Bereicherung des Lebens“. Andererseits nimmt die Ablehnung rechtsextremer Parteien zu: Während sieben Prozent der Befragten diesen gegenüber Sympathie bekundeten, lehnt laut Sozialreport eine wachsende Mehrheit von 72 Prozent sie ab. Insgesamt 2892 Bürger in Ostdeutschland wurden für die Studie befragt.