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Hauptseite » 2009 » März » 23 » Zornige US-Bürger fordern Rache an AIG-Managern
Zornige US-Bürger fordern Rache an AIG-Managern
09:09
www.welt.de - 22.03.2009 16:08
Die Wut über die Boni an Manager des amerikanischen Versicherers AIG kocht hoch. Nach den umstrittenen Millionenzahlungen an Angestellte des vom Staat unterstützten Finanzkonzerns heizen US-Politiker die gefährliche Stimmung noch an, wie der Korrespondent der "Welt am Sonntag" berichtet.

Richard Blair gebührt die Ehre, den Volkszorn gegen die American International Group (AIG) angeführt zu haben. Der junge Mann aus Philadelphia bezog Dienstag mit seinem Protestplakat Posten vor dem 66-stöckigen Hauptquartier des Versicherers in Manhattan. AIG-Angestellte, Passanten und Fahrradboten fotografierten ihn. Er habe viel Zustimmung erfahren, so Blair. Einer der Wachmänner, der im Irak und in Afghanistan gekämpft hatte, sagte ihm, an seinem freien Tag würde er mit Blair demonstrieren. Der blieb allein in der Kälte. So einsam kann der Volkszorn sein in Amerika.

Doch folgt man den Volksvertretern auf dem Kapitol, befindet sich AIG auf der neuen Achse des Bösen. Die Initialen stünden für "Arroganz, Inkompetenz, Gier", zischte jemand bei der Vernehmung des AIG-Chefs Edward Liddy vor dem Untersuchungsausschuss. Empörung, aufrichtig oder gespielt, war ihr Lieblingsaffekt. 418 AIG-Manager hatten insgesamt nicht bloß 165, sondern, wie gestern bekannt wurde, 218 Millionen Dollar in Bleibeprämien eingestrichen; 52 von ihnen hatten nach Kassieren der Treuezulage das Unternehmen verlassen.

Dass die Prämien im Frühjahr 2008 zugesichert worden waren, viele Monate vor dem Amtsantritt Liddys im September 2008 als Sanierer mit einem symbolischen Ein-Dollar-Jahresgehalt, dass Liddy seinerseits Zorn über "unfassbare Fehler" seiner Vorgänger und die "geschmacklosen Prämien" bekundete, löschte den Rachedrang des Tribunals kaum. Man wollte Namen, Strafen - und das Geld zurück. Und zwar sofort.

Mit zenhafter Selbstbeherrschung wehrte sich Liddy. Es fiel ihm nicht leicht, zu erklären, dass AIG seine Auflösung und Schadensbegrenzung mithilfe jener Talente bewerkstelligen müsse, die den Schaden angerichtet hatten. Betreten still wurde es, als Liddy aus Drohbriefen gegen AIG zitierte. Man wolle Manager und ihre Familien "in Klaviersaitenschlingen" aufhängen.

Er könne die Namen derer, die Prämien erhalten hatten, unmöglich öffentlich machen, erklärte Liddy. "Ich bin nicht überzeugt", knurrte Barney Frank, Vorsitzender des Bankenausschusses. Tage später zog die demokratische Mehrheit im Repräsentantenhaus mit einigen prominenten Republikanern einen Gesetzentwurf durch, der Prämienzahlungen in staatlich subventionierten Unternehmen mit einer 90-Prozent-Steuer belegt. Die Steuer wird nie Gesetz werden. Und für AIG käme sie zu spät. Aber die Politiker fühlen sich viel besser.

Schlechtes Gewissen müsste den Zorn in beiden Parteien im Kongress befeuern. Vor allem Republikaner haben seit Ronald Reagans "Reaganomics" Deregulierung um jeden Preis gepredigt. Auch die Demokraten ließen die Piraten in der Finanzindustrie gewähren, solange sie sich als Freibeuter gerierten, die neben der fetten Beute angeblich das höhere Wohl der Nation im Sinne hatten. Nach dem Kollaps entdecken Politiker wie Publikum plötzlich, dass sie die Derivatespiele nie begriffen hatten. Die Boni sind hingegen auf verständlichere Weise skandalös.

Deshalb bekennen laut einer Gallup-Umfrage 59 Prozent der Amerikaner "persönliche Empörung", 26 Prozent sind "irritiert". Bei einer privaten Umfrage im Bekanntenkreis sprach Barry Goldstein, Unfallchirurg in Baltimore, für die gefasste Minderheit: "Jeder, der die Habgier und die Maßlosigkeit dieser Spieler kennen wollte, konnte sie kennen. Wir alle haben diese Leute machen lassen, weil wir mitverdienten. Das war unser Schweigegeld. Sich jetzt aufzuregen ist Heuchelei."

Das sieht James "Jackpot Jimmy" Haas, 47, AIG-Manager in der Abteilung Financial Products in Wilton (Connecticut), ähnlich. Er habe nicht das Geringste zu tun mit den "Kreditproblemen" seiner Abteilung, die sich nun selbst abwickeln soll. Haas hat AIG angeboten, seine gesamte Prämie zurückzuzahlen, er hat Angst um seine Familie: "Es sind Kinder im Spiel, und es gibt Morddrohungen."

Haas ist nicht der Einzige, der sich von Amerikas populistischer Politik und Publizistik, selbst von Präsident Barack Obama, der seine "Fassungslosigkeit" und "Empörung" über die Boni bekannte, zu Unrecht an den Pranger gestellt sieht. Die wahren Bösewichter seien längst weg, bezeugen auch andere AIG-Angestellte. Es kursieren Ratschläge des Managements, die nach Regeln eines Zeugenschutzprogramms klingen: Man möge sich nicht mit dem AIG-Firmenlogo zeigen; nur auf hell erleuchteten Parkplätzen den Wagen abstellen; immer in Begleitung, mindestens zu zweit, auf die Straße gehen.

Die Mistgabel, von alters her die Waffe derer, die sich keine Waffe leisten konnten, ist das Symbol der AIG-Aufständischen. Der TV-Satiriker Steven Colbert zog als Erster eine Mistgabel unter seinem Studiotisch hervor und schwor, er werde seine betrogenen Landsleute gegen die Schurken von AIG führen. "Pitchfork Pat" Buchanan, vierfacher Präsidentschaftskandidat einer populistisch aufgeputschten Rechten, verdient heute sein Geld als Alibi-Rechter im liberalen Kabelsender MSNBC.

Die AIG-Affäre führt Buchanan auf bemerkenswerte Weise gegen die Radiostimme der extremen Rechten, Rush Limbaugh, der AIG gegen "den Lynchmob" der Demokraten im Kongress in Schutz nimmt. Jeder verfolgt seine eigene Agenda: Was Präsident Obama und seinem Finanzminister Tim Geithner schadet, ist laut Limbaugh gut für Amerika. Auch weniger extremen Konservativen behagt das inquisitorische Gehabe auf dem Kapitol nicht: "Wir haben da zurzeit 535 Hugo Chávez' sitzen", sagt der TV-Moderator und frühere Kongress-Abgeordnete Joe Scarborough in Anspielung auf den sozialistischen Präsidenten Venezuelas. Er schäme sich für sie.

Präsident Obamas Reise nach Kalifornien, die in einem Auftritt bei dem Late-Night-Talker Jay Leno ihren wohl kalkulierten Höhepunkt fand, bewies beiläufig, dass er sein bester, oft einziger Sprecher bleibt. Und dass in der Krise der Wahlkampf nie aufhört. Der Präsident verteidigte Geithner und bat die Amerikaner um Geduld. Tatenlos bleibt Obama nicht: Am Montag will die US-Regierung einem Bericht des "Wall Street Journal Europe" zufolge ein weiteres 75 bis 100 Milliarden Dollar schweres Programm vorstellen, mit dem das Kreditgeschäft wieder in Gang gebracht werden soll.

Protest-Safari zu den verhassten AIG-Managern

Die AIG-Manager sollten wenigstens die menschliche Größe haben, verlangte ein Senator aus Iowa, ihren Job aufzugeben oder, nach japanischem Vorbild, rituellen Selbstmord zu begehen. Eine öffentliche Geste der Beschämung und Entschuldigung der Verantwortlichen würde vielen Amerikanern guttun. Stattdessen hören sie, dass AIG am 27. Februar, zu vier Fünfteln im Besitz des Bundes, mit Steuermitteln die Steuerbehörde wegen angeblich zu viel bezahlter Steuern in Höhe von 310 Millionen Dollar verklagte.

"Einige gute alte Südstaatler" boten in einem anonymen Drohbrief an, "Yankee-Banker zu entsorgen". Am Samstag entlud sich der Bürgerzorn in einer Bustour durch Wohnviertel reicher AIG-Manager in Connecticut. Die Tatortbesichtigung glich einer Safari. Mit der Angst der angestaunten Exoten, als Trophäe zu enden.

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