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Hauptseite » 2009 » Februar » 13 » Alleingang: Sarkozy will Frankreich jetzt zur Weltmacht machen
Alleingang: Sarkozy will Frankreich jetzt zur Weltmacht machen
11:27
Welt Online, 11.02.2009
 

Nicolas Sarkozy hat sich erst einmal in den Staub gemacht. Während daheim seine Umfragewerte in den Keller rauschten, die Proteste gegen seine Reformpolitik anhielten und sein Sieben-Milliarden-Geschenk für die französische Autoindustrie – gelinde ausgedrückt – leichte Irritationen auf europäischer Ebene hervorrief, reiste der französische Präsident am Dienstag zu einem auch für die Iraker überraschenden Besuch nach Bagdad.

Dort machte Sarkozy, was er am liebsten tut: Weltpolitik. Binnen vier Stunden traf er den irakischen Präsidenten Jalal Talabani und Premierminister Nuri Al-Maliki. Danach flog er weiter Richtung Bahrein. Nach Oman und Kuwait wollte er auch noch kurz. Zuhause gibt es ja eh nur Ärger.

Sarkozy verwechselt Weltpolitik mit Erfolg

Es war der erste Besuch eines französischen Präsidenten im Irak seit 1921 und zugleich der erste eines westlichen Staatschefs, dessen Land nicht als Mitglied der „Koalition der Willigen“ an der Seite der USA am Krieg gegen Saddam Hussein teilgenommen hatte. Frankreich war vor der irakischen Invasion in Kuwait im Jahr 1990 der wichtigste Handelspartner des Irak.

Das soll es nach dem Willen seines Präsidenten bald wieder werden. Noch vor dem Sommer wird Premierminister Francois Fillon mit einer hochkarätigen Wirtschaftsdelegation nach Bagdad reisen. Sein Kurzbesuch zeigt exemplarisch, welche Ziele Sarkozy mit seiner Außenpolitik vor allen anderen verfolgt: Sie soll Frankreich wieder als ernst zu nehmenden weltpolitischen Akteur etablieren und der französischen Wirtschaft dienen. Nebenbei ist der Besuch eine Geste, welche die von Sarkozy vorangetriebene Wiederannäherung Frankreichs an die Vereinigten Staaten unterstreicht.

Für den französischen Präsidenten, dies hat er im vergangenen Sommer in einem Interview mit der Zeitschrift „Politique Internationale“ erläutert, ist die bipolare Welt der zwei Supermächte 1991 untergegangen. Auch die folgende Phase, in der eine einzige Supermacht ihren Willen durchsetzt, betrachtet er als abgeschlossen.

Stattdessen sieht er nun eine Welt, in der eine ganze Reihe „relativer Mächte“ in unterschiedlichen Konstellationen miteinander wirken. Sarkozy versteht Europa als eine solche relative Macht – jedenfalls, so lange es von Frankreich geführt wird. In Phasen, wo die Turnusregelung der europäischen Union andere Länder, wie das – aus Sarkozys Sicht – zu klein geratene Tschechien in den Präsidentensessel spült, wendet sich der Ehrgeiz des französischen Präsidenten von Europa ab und zielt eher darauf, Frankreich allein als relative Macht glänzen zu lassen.

Deutschland ist der beliebteste Staat der Welt

Dabei nimmt er in Kauf, dass seine europäischen Nachbarn inzwischen relativ mächtig genervt sind, da Sarkozys Profilierungsversuche meist auf ihre Kosten gehen. In der vergangenen Woche ist es dem französischen Präsidenten gelungen, gleich bei vier europäischen Regierungen für Verstimmungen zu sorgen. Eine politische Linie, gar eine Strategie, ist dahinter nur schwer zu erkennen. Sarkozy scheint sich partiell zu verhalten wie eine wärme-gesteuerte Rakete. Sobald ein heißeres Ziel erreichbar scheint, zieht es ihn an.

Tschechien bekommt beinah seit dem ersten Tag seiner EU-Präsidentschaft aus dem Élysée-Palast zu hören, es verhalte sich zu passiv angesichts der Krise und nutze die Möglichkeiten der Präsidentschaft nicht aus. „Die Tschechen tun halt, was sie können“, sagt Sarkozy gern maliziös. Für zusätzlichen Ärger sorgte am vergangenen Donnerstag seine Bemerkung in einem 90-minütigen Fernsehinterview, die französische Auto-Industrie werde nur Staatshilfen erhalten, wenn sie damit „keine Fabriken in der tschechischen Republik oder sonst wo“ baue.

Im selben Interview stichelte Sarkozy gegen den britischen Premierminister Gordon Brown. Dessen Entscheidung, angesichts der Wirtschaftskrise die Mehrwertsteuer um zwei Prozent zu senken, habe „absolut keinen Fortschritt gebracht“, fand Sarkozy.

Die Engländer hätten dies nur deshalb getan, weil sie „im Unterschied zu Frankreich“ keine Industrie mehr hätten. England habe sich schließlich schon vor 25 Jahren entschieden, vor allem auf Finanzdienstleistungen zu setzen. Auf der Insel hob sich da manche Augenbraue. Die britische Industrie macht immerhin noch 24 Prozent der Volkswirtschaft aus, während es in Frankreich nur 21 sind. Am Freitag muss Sarkozy seine forschen Formulierungen ein wenig abgemildert haben, denn ein Sprecher Gordon Browns erklärte, der Élysée-Palast habe inzwischen versichert, die Bemerkungen seien keineswegs „als Kritik an der britischen Wirtschaftspolitik gemeint gewesen.“ Das sei nett, fügte Browns Sprecher hinzu.

Deutschland ist für Paris ein Partner unter vielen

Unterdessen ging Sarkozy bereits wieder Angela Merkel auf den Wecker, die er beim Mittagessen am Rande der Münchener Sicherheitskonferenz für seine Idee eines Sondertreffens der Regierungschefs der Eurozone gewinnen wollte. Die Bundeskanzlerin beharrte darauf, dass an einer Dringlichkeitssitzung alle 27 EU-Staaten teilnehmen, da sie befürchtet, ein Krisen-Treffen der Eurogroup-Staaten könne womöglich das Signal an die Finanzmärkte senden, dass die Lage im Euro-Raum noch ernster ist als befürchtet. Die gemeinsame Erklärung der Bundeskanzlerin und des Präsidenten nach ihrem Treffen konnte über die Differenzen in der Krisenbewältigungsstrategie kaum hinwegtäuschen. Wohlweislich ließ man keine Nachfragen zu. Sarkozy sagte noch, allein wegen des Mittagessens habe sich die Reise nach München gelohnt. Der Doppelsinn des Satzes war beabsichtigt.

Für neuen Unmut in Europa sorgte dann am Montag seine Ankündigung, den Not leidenden französischen Automobilherstellern Renault und Peugeot-Citroen mit je drei Milliarden Euro Staatshilfen zur Seite zu springen – unter der Bedingung, dass diese fünf Jahre lang keine Fabriken ins Ausland verlagern und französische Zulieferer bevorzugen. Tschechen und Schweden (beides Länder, in denen die französischen Autohersteller produzieren) beklagten offen französischen „Protektionismus“. Die EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes kündigte am Dienstag an zu prüfen, ob die französischen Pläne gegen EU-Richtlinien verstoßen. Angela Merkel ließ durchblicken, sie wolle Sarkozy beim EU-Sondergipfel am 1. März erklären, so ginge es ja nun nicht.

Als Reaktion auf die anschwellende Kritik warf Sarkozy am Mittwoch die PR-Maschine an. Im Radiosender France ließ er seinen Europa-Staatssekretär und Koordinator für die deutsch-französischen Beziehungen, Bruno LeMaire, erklären, der Plan sei gar nicht protektionistisch. Protektionismus sei nur, wenn man den Import von Gütern verhindere, definierte LeMaire eher eng.

Die französische Regierung tue nur das, was der deutsche Frank Walter Steinmeier, „um jeden Arbeitsplatz kämpfen“ nenne. LeMaire zitierte Steinmeier sogar auf Deutsch, weil, wie er sagte, er diese Sprache so liebe. Mit dieser seltsamen Neigung steht er im Kabinett Sarkozy derzeit recht allein da. Wirtschaftsministerin Christin Lagarde lud derweil ihren neuen deutschen Kollegen Karl Theodor zu Guttenberg nach Paris ein, um dem jungen Mann den französischen Plan mal etwas genauer zu erklären.

Präsident Sarkozy meldete sich dann auch noch zu Wort, auf einer Pressekonferenz in Kuwait: Er sei nun einmal dafür verantwortlich, Arbeitsplätze in Frankreich zu schützen. Im Übrigen seien in den letzten drei Jahren mehr als eine Million Autos an Standorten außerhalb Frankreichs gebaut worden, da habe die Franzosen auch niemand beglückwünscht. Dass man mit den Staatshilfen nun Motoren in Frankreich bauen wolle, sei vollkommen normal und kein Protektionismus. Wenn man den Firmen nicht helfe, seien Standorte in ganz Europa bedroht. Sollte es europäische Länder geben, die sich daher an dem Rettungsplan beteiligen wollten, seine sie herzlich eingeladen. Besonders konziliant klang das nicht. Aber dies mag an der Entfernung gelegen haben.

Frankreichs Alleingang stößt Europa vor den Kopf

Fast schon vergessen hat man über dem ganzen Tumult, dass Sarkozy es war, der noch im vergangenen Herbst eine gemeinsame, koordinierte europäische Wirtschaftspolitik gegen die Krise, gar eine „europäische Wirtschaftsregierung“ gefordert hatte. Nun probiert ausgerechnet er es mit einem franko-zentrischen Alleingang, der die Nachbarn vor den Kopf stößt.

Auslöser dieser politischen Patenthalse ist der wachsende innenpolitische Druck. Trotz seines präsidialen Fernsehauftritts, mit dem er die Franzosen nach den großen Demonstrationen vom 29. Januar „beruhigen“ wollte, sind Sarkozys Umfragewerte auf den tiefsten Stand seit Beginn seiner Präsidentschaft gestürzt. Und die Wirtschaftsdaten, die in dieser Woche herauskamen, verheißen wenig Aussicht auf Besserung: PSA Peugeot-Citroen hat 2008 340 Millionen Verlust gemacht und will 7000 Leute entlassen. Für den 19. März haben die Gewerkschaften einen neuen nationalen Protesttag angekündigt.

Der Hochschulministerin Valérie Pécresse musste Sarkozy einen Mediator zur Seite stellen, damit die Vertreter der Hochschulen, die seit Wochen gegen die von der Ministerin geplante Reform Sturm laufen, wenigstens noch mit ihr reden. Und auch der Übersee-Staatssekretär Yves Jego darf die Hilfe eines Vermittlers in Anspruch nehmen, bei seinen bislang erfolglosen Versuchen, den Generalstreik im französischen Übersee-Departement Guadeloupe zu beenden. Auf der Karibikinsel protestieren die Menschen seit bald einem Monat gegen „das teure Leben“.

Die ehemalige Präsidentschaftskandidatin der Sozialisten, Ségolène Royal, frohlockte bereits, was gerade auf der Insel geschehe, könnte bald auch auf dem französischen Festland passieren. Dieser Gefahr ist Sarkozy sich bewusst. Um ihr zu begegnen, fährt er nun eine „Frankreich zuerst“-Politik. Dass er dabei europäisches Porzellan zerschlägt, nimmt er in Kauf, wenn es den Umfragewerten dient.

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