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Hauptseite » 2008 » November » 14 » Merkel und der Traum von der Weltfinanzpolizei
Merkel und der Traum von der Weltfinanzpolizei
08:45
Welt Online, 14.11.2008
 

Heute beginnt in Washington der Weltfinanzgipfel: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück mühen sich, die Erwartungen zu dämpfen. Kein Wunder: Schließlich sind sich die Europäer nicht einig. Besonders die Vorschläge aus Frankreich stoßen in Deutschland auf Kritik.

Zwei Tage sind wenig Zeit, um die Welt zu retten. Kanzlerin Merkel merkt das gerade. Wo immer es geht, versuchen ihre Berater die Erwartungen an den Weltfinanzgipfel in Washington zu dämpfen. Ähnlich verhalten sich die meisten Regierungschefs der 19 anderen großen Wirtschaftsnationen (G 20), die heute in der US-Hauptstadt anreisen. Viel mehr als ein Fahrplan für die nächsten Gespräche werde da nicht rauskommen, heißt es.

Vier Wochen zuvor, als die Regierungen ihre nationalen Rettungspakete für die Bankenbranche verkündeten, klang das noch anders. Viel war da von neuer Weltfinanzordnung die Rede. Mancher träumte sogar von einer Weltfinanzpolizei.

Schlechtes Erwartungsmanagement nennt man so etwas an den Kapitalmärkten. Überschätzt haben sich nicht vor allem die Europäer. Den durch die Krise geschwächten Amerikanern wollten sie ihre Vorstellungen von einem neuen Finanzsystem aufdrücken. Mittlerweile stellen sie fest, dass Europa noch nicht einmal eine gute, gemeinsame Blaupause dafür hat.

Auch nimmt Barack Obama als künftiger US-Präsident an dem Treffen nicht teil. Er lässt sich nur von der früheren Außenministerin Madeleine Albright und dem ehemaligen Kongressabgeordneten Jim Leach vertreten. Zudem sind die Interessen in der Runde der 20 Regierungschefs so verschieden, dass mehr als der Fahrplan für nächste Verhandlungsschritte von Washington nicht zu erwarten ist.

Ärgern dürfte das vor allem einen: Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy. Den hatte nämlich als EU-Ratsvorsitzender der Eifer gepackt. Als Schrittmacher wollte er sich auf dem Gipfel in den USA präsentieren. 100 Tage nach dem Spitzentreffen sollten bereits erste wichtige Prinzipien für neue Finanzmarktregularien umgesetzt werden, forderte Sarkozy. Barack Obama wäre zu diesem Zeitpunkt nur vier Wochen im Amt. Ihm bliebe kaum Zeit für so weitreichende Entscheidungen.

Gestolpert aber ist Sarkozy nicht über die Amerikaner, sondern über den eigenen Ehrgeiz. Der Franzose wollte die europäische Wirtschaftspolitik stärker global „koordinieren“. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück ahnte Böses. Hinter diesem Begriff verstecke Frankreich seinen Anspruch auf Errichtung einer europäischen Wirtschaftsregierung – unter Leitung von Sarkozy natürlich. „Das muss gestrichen werden“, sagte Steinbrück.

Es war nicht der erste Vorschlag Frankreichs, der in Berlin missbilligend zur Kenntnis genommen wurde. Sarkozys Plan für einen Staatsfonds, der sich an wichtigen Industriezweigen mit Kapital beteiligen soll, lehnt man ebenso ab. Mit Unwillen beobachtet Steinbrück, wie stark Sarkozy die Rolle des Staates in der europäischen Wirtschaft ausweiten will.

Entsprechend verärgert ist der selbstbewusste Franzose. Steinbrück sei nicht nur „manchmal weniger liebenswürdig“, sondern auch „überhaupt nicht der gleichen Meinung wie die Kanzlerin“, schimpfte er. Mit Verweis auf seine Verbundenheit mit Merkel fügte er süffisant an, dass „die deutsch-französische Freundschaft über solche kleinen Schäbigkeiten erhaben sein muss“.

Die Freundschaft wird der Streit wohl nicht zerstören, Sarkozys Pläne aber sind auf Normalmaß gestutzt worden – nicht nur von Steinbrück, sondern auch von Briten, Schweden und Luxemburgern. Die Vorschläge hätten den Verhandlungsspielraum in Washington drastisch eingeschränkt. Möglicherweise wäre sogar der Gipfel gescheitert, kritisieren sie.

Was Sarkozy nun in Washington als europäische Forderungen präsentiert, ist ein Minimalkonsens: Das Strategiepapier der EU fordert schärfere Regeln und eine umfassende Finanzaufsicht, einheitliche Bilanzierungsregeln, eine Kontrolle von Hedgefonds und Ratingagenturen sowie einen Verhaltenskodex für Bankmanager, um waghalsigen Strategien entgegenzuwirken. Der Internationale Währungsfonds (IWF) soll als Frühwarnsystem gestärkt werden.

Doch schon an der künftigen Rolle des IWF scheiden sich die Geister. Zwar sind sich fast alle Länder einig, dass der Fonds nun wieder wichtiger wird. Nur wie wichtig, darauf können sich die 185 Mitglieder dieser internationalen Finanzorganisation nicht verständigen. Wiederum streiten in Europa Deutschland und Frankreich miteinander.

Wie die Amerikaner sind die Deutschen dagegen, dass der derzeit vom Franzosen Dominique Strauss-Kahn geführte Fonds direkt als Finanzpolizei die Märkte regulieren darf. Steinbrück stellt sich den IWF eher als Beobachter und Warner für künftige Krisen vor, der dann die nationalen Aufsichtsbehörden informiert.

Dass der Gipfel weniger bringen wird, als mancher erwartet hat, liegt aber nicht nur an den Streitereien der Europäer. Viel zentraler als früher ist auch die Rolle, die wichtige Schwellenländer wie China, Russland oder die arabischen Staaten mit ihren Devisenreserven im internationalen Finanzsystem künftig spielen werden. Sie müssen eingebunden werden.

Das dauert. „Aber ohne diese Länder lässt sich keine neue Finanzordnung aufbauen“, heißt es in Steinbrücks Umfeld. Die USA, Europa und Großbritannien seien nicht mehr in der Lage, die Finanzmärkte allein zu regulieren. „Wer das versucht, riskiert, dass sich der Finanzmarkt nach Asien oder in die Emirate verschiebt, ohne dass er deshalb stabiler wird.“

Mindestens genauso schwerwiegend sind die Interessen Amerikas. Das Land macht zwar eine Schwächephase durch, trotzdem bleibt es der wichtigste Finanzmarkt der Welt. Weder der jetzige Präsident Bush noch sein Nachfolger Obama werden sich auf Regulierungsvorschriften einlassen, die der US-Finanzbranche die Luft zum Atmen nehmen.

Auch wenn sie schuld an der Krise sind, haben Amerikas Banken jahrelang stark zum Wachstum der US-Wirtschaft beigetragen. Bessere Regularien für die Branche sind daher erst zu erwarten, wenn der neue starke Mann der USA mit am Tisch sitzt – also im nächsten Jahr.

Angesichts dieser Konstellation lässt sich das Ergebnis des Gipfels absehen. Die Staatschefs werden wohl Arbeitsaufträge für die kommenden Treffen verteilen. „In etwa einem Jahr sollten dann erste Beschlüsse gefasst werden können, wie sich künftige Krisen verhindern lassen“, rechnet man in der Bundesregierung. Mancher mag schimpfen, dass das zu lange dauert. Weil derzeit aber alle Regierungen damit beschäftigt sind, die akute Bedrohung für ihre Banken in den Griff zu kriegen, haben Zukunftspläne keinen Vorrang.

Davon aber mal abgesehen: Zwölf Monate für die Gespräche von 20 Nationen über ein neues Weltfinanzsystem wären eine rekordverdächtig kurze Zeit. Immerhin zwei Jahre Vorbereitungsdauer hatten die Beteiligten benötigt, bis sie am 22. Juli 1944 das berühmte Währungssystem von Bretton Woods beschließen konnten.

 

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