Mexiko-Stadt/Washington (dpa) - Die Zahl der Menschen, die sich in Mexiko nachweislich mit dem neuen Influenza-Virus A/H1N1 infiziert haben, ist auf 590 gestiegen. 22 von ihnen starben. Gesundheitsminister José Ángel Córdova sagte, die Epidemie habe ihren Höhepunkt erreicht und sei rückläufig.
«Der Höhepunkt auf nationalem Niveau war zwischen dem 23. und 28. April», sagte der Minister. Er machte aber auch gleichzeitig darauf aufmerksam, dass sich das Virus jetzt regional ausgebreitet habe. Mittlerweile seien in 23 Bundesstaaten Fälle aufgetreten. So wurden neue Erkrankungen aus Tabasco und Tamaulipas gemeldet.
Um eine weitere Ausbreitung zu verhindern, hatte die mexikanische Regierung angeordnet, dass über die verlängerten Mai-Feiertage alle öffentlichen Veranstaltungen abgesagt werden. In Mexiko-Stadt sind bis Mitte der Woche zudem alle Gaststätten, Bars und Restaurants geschlossen.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO sprach am Sonntagnachmittag von 898 offiziell bekannten Erkrankungen am mutierten Virus A/H1N1 in 18 Ländern. Nach Erkenntnissen der US-Seuchenbehörde CDC ist die Schweinegrippe nicht so gefährlich wie frühere Grippe-Pandemien. Der Virustyp H1N1 habe anscheinend nicht die gleichen todbringenden Eigenschaften wie das Virus der katastrophalen Spanischen Grippe von 1918/19, sagte CDC-Direktorin Nancy Cox in Atlanta. US-Präsident Barack Obama warnte davor, die Grippe zu unterschätzen. Das Virus könne sich weiter verändern. Die USA registrierten mindestens 226 Fälle in 30 Bundesstaaten und einen Toten.
In Kanada infizierte ein Mann höchstwahrscheinlich eine Schweineherde mit der Schweinegrippe. Die kanadische Lebensmittelbehörde CFIA wies das Virus weltweit erstmals in Schweinen nach. Mit hoher Sicherheit habe ein Mexiko-Reisender die Tiere infiziert, der nach seiner Rückkehr Grippesymptome hatte. Sowohl die Tiere, als auch der Mexiko-Reisende erholten sich zusehends oder seien bereits ohne Symptome.
Die Behörde betonte zugleich: Beim Verzehr von ordnungsgemäß zubereitetem Fleisch bestehe keinerlei Gefahr. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO betonte erneut, dass von Schweinefleisch in fast jeder Form keine Gefahr ausgehe. «Sie bekommen die Krankheit nicht, wenn sie Schweinefleisch essen», sagte WHO-Lebensmittelexperte Peter Ben Embarek in Genf. Dies gelte etwa für Parmaschinken, da auch dieses Produkt einen Herstellungsprozess hinter sich habe.
In Deutschland stieg die Zahl der Grippefälle am Sonntag um zwei auf acht. Nach Auskunft des Robert Koch-Instituts (RKI) hat sich ein aus Frankfurt (Oder) in Brandenburg stammendes Ehepaar mit dem Virus infiziert.
Das deutsche Ehepaar sei im selben Flugzeug wie eine aus Hamburg stammende Grippe-Patientin gewesen, sagte RKI-Präsident Jörg Hacker. Das Ehepaar liege mit nur leichten Symptomen isoliert in zwei Zimmern in einer Frankfurter Klinik. Weitere Passagiere des Fluges von Mexiko-Stadt nach Düsseldorf seien informiert. Am Wochenende war der zweite Fall von einer Virus-Übertragung innerhalb Deutschlands bekanntgeworden. Bei dem Infizierten handelt es sich um einen Zimmernachbarn des Schweinegrippe-Patienten im niederbayerischen Mallersdorf, der auch bereits eine Krankenschwester angesteckt hatte. Hacker sagte, es gebe keinen Grund zur Entwarnung, man solle aber die Lage nicht dramatisieren. Seit Sonntag müssen Ärzte in Deutschland sämtliche Verdachtsfälle und Erkrankungen der Schweinegrippe dem Gesundheitsamt melden. Deutschland hat laut RKI 20 Verdachtsfälle.
Derweil hat sich in Spanien die Zahl der bestätigten Fälle auf 40 verdoppelt, wie das Gesundheitsministerium in Madrid mitteilte. Keiner der infizierten Patienten sei ernsthaft krank. In Großbritannien haben sich nachweislich 18 Menschen das Virus eingefangen, wie die Gesundheitsbehörden mitteilten. Zudem hat die Grippe mit einem Mexiko-Reisenden auch Irland erreicht. Vier britische Erkrankte waren nicht zuvor in Mexiko. Zwei hatten sich bei Mexiko-Urlaubern angesteckt, zwei infizierten sich in den USA.
Die Reisewarnungen von Regierungen weltweit haben die Besucherzahlen in Mexiko einbrechen lassen. Einige Unternehmen aus Frankreich und England fliegen keine Gäste mehr an die mexikanische Karibikküste.