Ein schwerer Zwischenfall an Bord eines Atom-U-Boots der russischen Marine im Pazifik hat nach offiziellen Angaben mindestens 20 Menschen das Leben gekostet. Der Atomreaktor des U-Boots soll normal arbeiten, die Strahlungswerte sollen nicht erhöht sein. Klarheit herrscht offenbar über die Todesursache.
Nach einer Havarie mit 20 Toten an Bord hat das atomar betriebene russische U-Boot „Nerpa“ am Sonntag an seinem Stützpunkt in Primorje im äußersten Südosten des Landes festgemacht. Das teilte des Sprecher der russischen Marine, Igor Dygalo, mit. Der Reaktor arbeite weiter normal, es gebe keine erhöhten Strahlenwerte, sagte Dygalo. Nach ersten Ermittlungen war in einer Feuerlöschanlage die Chemikalie Freon ausgeströmt, die zum Tod der 20 Menschen führte, wie die Staatsanwaltschaft in Moskau mitteilte.
Bei Freon handelt es sich um einen Kunstnamen für Difluordichlormethan, eine Kohlenwasserstoff-Verbindung, die unter anderem auch als Kältemittel in Kühlschränken verwendet wird. Bei dem Unglück am späten Samstagabend waren im Japanischen Meer sechs Marineangehörige und 14 Zivilisten getötet sowie etwa 20 Menschen verletzt worden.
Der Unfall ereignete sich, als am Samstag ungeplant ein Feuerlöschsystem an Bord des Boots ansprang. Nach Angaben Digalos befanden sich zum Zeitpunkt des Unglücks im Japanischen Meer 208 Menschen in dem Schiff, darunter 81 Matrosen.
Bei den Toten handelt es sich laut dem Leiter der zuständigen Ermittlungsbehörde, Sergej Markin, um 14 Zivilpersonen und sechs Matrosen. 22 weitere Menschen wurden verletzt. Sie wurden von einem begleitenden Zerstörer an Land gebracht und in ein Krankenhaus eingeliefert. Das U-Boot erreichte aus eigener Kraft seinen Heimatstützpunkt.
Das Feuerlöschsystem sei ungenehmigt aktiviert worden, erklärte Dygalo. Betroffen waren die beiden Sektionen in der Nähe des Schiffsbugs. Das Löschsystem setzte das Kühlmittel Freon frei. Die Behörden hätten Ermittlungen wegen Verstoßes gegen Bestimmungen zum Betrieb von Militärschiffen aufgenommen. Beobachter hielten daher menschliches Versagen als Unglücksursache nicht für ausgeschlossen.
Den genauen Ort des Unglücks und den Namen des Schiffs wollte Marinesprecher Dygalo nicht nennen. Es habe noch in diesem Jahr in Dienst gestellt werden sollen. Das U-Boot befand sich auf einer Testfahrt. Laut der Nachrichtenagentur RIA-Nowosti wurde das Schiff in der Amur-Werft gebaut und trägt den Namen „Nerpa“. Es gehört zur Akula-II-Klasse von Kampf-U-Booten, mit seinem Bau wurde 1991 begonnen. Aus Geldmangel sei der Bau aber über mehrere Jahre unterbrochen worden. Der erste Tauchgang habe in der vergangenen Woche stattgefunden.
Ministerpräsident Dmitri Medwedjew wurde nach Angaben des Kremls sofort über das Unglück informiert. Er ordnete eine gründliche Untersuchung an. Der Erste stellvertretende Verteidigungsminister Kolmakow und Marine-Oberkommandeur Admiral Wladimir Wisozky befanden sich auf dem Weg an die Pazifikküste.
Es war das schwerste Unglück der russischen Marine seit dem Untergang der „Kursk“ in der Barentssee im Jahr 2000. Damals kamen alle 118 Seeleute an Bord ums Leben.